Schimmel & Psychologie

8. Würzburger Schimmelpilz-Forum & 25 Jahre Sachverständigen-Institut peridomus

Neue Wege ging in diesem Jahr das Würzburger Schimmelpilz-Forum. Die Fachvorträge des Expertenforums wurden mit der 25 Jahrfeier des Instituts Peridomus kombiniert. Auch thematisch beschritt das Fachforum mit „Schimmel und Psychologie“ Neuland. Ein Thema über das sich bisher kaum jemand Gedanken gemacht hat. Trotzdem – oder gerade deswegen – ist unser Umgang mit Schimmel in Innenräumen und vor allem, wenn Schimmel verdeckt und zunächst nicht sichtbar vorliegt,in unserem Alltag eher wenig von Rationalität geprägt.

Verhalten wir uns nicht logisch, so fragen Viele inwiefern wir uns denn dann psycho-logisch verhalten. Erste Ideen hierzu hat Prof. Dr. Frank Schwab, Medienpsychologe an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg. Ist unsere Beziehung zum Schimmel in erster Linie eine emotionale? Sind in der Auseinandersetzung mit Schadfaktoren am Bau Realitätsverzerrungen am Werk? Welche Formen der Fehlwahrnehmung kennt die Psychologie und wie funktionieren diese? Oder geht es hier um unpassende Risikowahrnehmungen? Sind wir als Menschen hier besonders gehandicapt und unvernünftig? Schließlich schauen wir uns den Umgang mit Medien an: Was machen die Medien mit uns und was machen wir mit den Medien? Erfinden wir uns heute unsere eigene Wirklichkeit, fernab von Messungen und Fakten?

Schwab gab Einblicke in unsere Psyche und erläuterte, dass unter anderem Emotionen hier eine große Rolle spielen. Sie beeinflussen unser Denken, Urteilen, Entscheiden und Handeln. Sie sind kulturübergreifende, komplexe Verhaltensmuster, die sich im Laufe der Evolution gebildet haben. So löst beispielsweise bei existenziell wichtigen Dingen wie der Nahrungsaufnahme ein Schimmelpilzbefall die Emotion Ekel bei uns aus. Zu Schadfaktoren am Bau hingegen sind wir relativ emotionsfrei. Der Grund: Evolutionstechnisch gesehen bauen wir noch nicht lange genug Häuser. Noch haben wir keine Sensibilität dazu aufgebaut.

Ein weiterer wichtiger Ansatz sind unsere Überzeugungen. Haben wir diese erst einmal gewonnen, neigen wir dazu an ihnen festzuhalten. Auch dann, wenn diese Überzeugungen später korrigiert werden oder sich als wenig glaubhaft oder gar als schlecht begründet herausstellen.

Auch die Entscheidungsfindung spielt eine relevante Rolle. Jeden Tag müssen wir unzählige Entscheidungen treffen. Banale wie z. B. blaue oder schwarze Socken? Aber auch Komplexe wie der Kauf eines neuen Autos. Steht uns genügend Zeit und ausreichend Information zur Verfügung? Können wir alle Optionen vergleichen und die Vor- und Nachteile gründlich abwägen? Doch wie entscheiden wir, wenn unser Wissen nur begrenzt und die Zeit knapp ist, wir eigentlich keine Lust auf die Auseinandersetzung mit einer komplizierten Thematik haben? Hier greifen wir oft auf Heuristiken zurück. Auch Daumen- oder Faustregel genannt. Der Begriff Heuristik kommt aus dem Griechischen und beschreibt eine einfache Denkstrategie für effizientere Problemlösungen. Sie hilft uns das Nachdenken zu vereinfachen, wenn wir bei wenig Zeit und begrenztem Wissen eine Entscheidung treffen müssen. Doch gerade bei komplexen Sachverhalten wie verdeckten Schimmelbelastungen kann diese Kombination zu fatalen Fehlentscheidungen führen.

Für Dr. Bernd Kober gehört die rechtliche Bedeutung und die Tragweite von Fehlentscheidungen bei Schadfaktoren an Gebäuden zum Alltag. Er ist Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht in der Kanzlei Reinhart Kober Großkinsky in Wertheim und Tauberbischofsheim. Kober referierte zu den Erkenntnissen aus dem mit Dr. Gerhard Führer neu veröffentlichten Fachbuch „Schimmel und andere Schadfaktoren am Bau“.

Grußworte zur Jubiläumsfeier des Sachverständigen-Instituts peridomus sprachen Jürgen Schrader aus Würzburg. Er ist ö.b.u.v. Sachverständiger für Schäden an Gebäuden. Außerdem Prof. Dr. Helmut Floegl von der Donau-Universität Krems, Prof. Dr. Ulrich Bogenstätter von der Hochschule Mainz sowie Mathias Plath, Bereichsleiter Recht und Steuern von der Industrie- und Handelskammer Würzburg-Schweinfurt.

Im Rahmen der Jubiläumsfeierlichkeiten hatten sich die Nachwuchskünstlerinnen Stefanie und Pia Fischer eine besondere Überraschung ausgedacht. Das Musikstück „Mein kleiner grüner Kaktus“ wurde von ihnen – passend zum Anlass – mit einem „modifizierten“ Text versehen und als „Der kleine fiese Schimmel, lebt unter dem Beton …“ neu interpretiert. Der Künstler Matthias Walz war das Highlight des Abendprogramms. Er ist kabarettistischer Pianist und bekannt aus der TV-Sendung “Fastnacht in Franken“. Harald Führer moderierte durch den Abend.

www.schimmelpilz-forum.de

Würzburger Schimmelpilz-Forum
Die Mitglieder des wissenschaftlichen Fachbeirats

Prof. Dr.-Ing. Ulrich Bogenstätter, Hochschule Mainz
Rechtsanwalt Hans-Dieter Fuchs, Anwaltskanzlei Fuchs und Kollegen, München
Prof. Dr. Christian Hanus, Donau-Universität Krems (Österreich)
Dr. Christoph Trautmann, Umweltmykologie GbR, Berlin
Dr. Gerhard Führer, peridomus Institut Dr. Führer, Würzburg/Himmelstadt
Gerd Warda, Chefredakteur Wohnungswirtschaft heute, Bosau